Training trotz Erkältung und Grippe: Unterschätzte Gefahr

Wer trotz Krankheit Sport treibt, der riskiert eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis).

Training trotz Erkältung und Grippe

„Das bisschen Naselaufen?“ „Ich zieh mein Training durch, notfalls lasse ich mich per Krankenwagen drei Mal pro Woche hier abliefern.“ „Go hard or go home!” – Diese Durchhalteparolen haben wir alle schon mal gehört von jemandem, der mit laufender Nase auf der Trainingsfläche stand. Mir ist es erst kürzlich so ergangen. Ein Bekannter trainierte mitten im Sommer im Schal – darauf angesprochen erklärte er mir, dass er trotz der Sommergrippe noch ein paar Trainingseinheiten einschieben wolle, denn nächste Woche fahre er in den Urlaub.

Ich kann mich nicht genau daran erinnern, wie ich reagiert habe. Sehr präsent ist mir aber noch, mit welchem Widerwillen er meine Belehrung über die Gefahren seines Handelns aufgenommen hat. Denn ich musste ihm erklären, dass er gewissermaßen Roulette spielt – der Einsatz ist sein Leben. Wer nämlich mit Erkältungssymptomen trainiert, der riskiert eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis). Und die kann einen plötzlichen Herztod verursachen.

Nun bin ich kein ausgebildeter Mediziner, doch ich habe mich in der Vergangenheit ein wenig in einige Fachtexte zu diesem Thema eingelesen und versuche nachfolgend eine Zusammenfassung dessen zu geben, was ich gelesen habe. Im konkreten Fall solltet ihr natürlich immer einen Arzt konsultieren.

Erkältung, Grippe und andere Krankheiten

Aber von vorne: Es gibt gewissermaßen mehrere Krankheiten, die allesamt sehr ähnliche Symptome haben können und deshalb in der Praxis kaum voneinander zu unterscheiden sind. Es fängt an mit dem harmlosen Schnupfen, für den eine verstopfte oder laufende Nase, wiederholtes Niesen und Nasenjucken typisch sind. Er kann als Symptom einer Erkältung auftreten oder auf eine Allergie hindeuten. Wenn jemand Schnupfen hat, muss er also nicht automatisch auch erkältet sein.

Die Erkältung (auch grippaler Infekt genannt) wird entgegen landläufiger Meinung nicht durch Kälte ausgelöst, sondern durch Viren und manchmal zusätzlich durch Bakterien. Die Krankheitsübertragung erfolgt durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion. Es handelt sich bei der Erkältung um eine akute Infektion der oberen Atemwege.

Die Grippe weist oftmals ein ähnliches Krankheitsbild wie die Erkältung auf, kann aber wesentlich schwerer verlaufen. Symptome wie Atemnot, Brustschmerz, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen oder Fieber treten bei der Grippe viel häufiger und oft auch heftiger auf als bei der Erkältung. Die Grippe wird durch Influenzaviren verursacht und ist schon für sich genommen weit weniger harmlos als die Erkältung. Allein in Deutschland fordert sie jährlich mehrere tausend Menschenleben.

Herzmuskelentzündung (Myokarditis)

Wie kommt man nun von der Erkältung oder der Grippe zur Herzmuskelentzündung? Die Antwort ist recht einfach: Sie kann als „Begleiterscheinung“ dieser Krankheiten (und anderer Infekte) auftreten, wenn Viren oder Bakterien, die sich im Blutkreislauf befinden, sich im Herzen festsetzen und eine Entzündung hervorrufen.

Die Wahrscheinlichkeit einer Herzmuskelentzündung erhöht sich durch sportliche Betätigung in Krankheitsphasen. Denn erstens wird das Immunsystem durch die Belastung noch weiter geschwächt, und zweitens erhöht sich durch die körperliche Anstrengung die Pumpleistung des Herzens. Das Blut wird öfter durch das Herz gepumpt und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Viren sich dort festsetzen.

Die Herzmuskelentzündung wird oftmals vom Erkrankten nicht bemerkt, und auch Ärzte übersehen sie wohl häufiger. Bei einer diagnostizierten Herzmuskelentzündung dauert es ein halbes Jahr, bis der Erkrankte wieder Sport machen darf.

Wer mit einer Herzmuskelentzündung trainiert, der kann seinem Herz bleibende Schäden zufügen (Herzinsuffizienz), die ihn lebenslänglich beeinträchtigen. Auch ein plötzlicher Herztod kann die Folge sein!

Das Fazit kann deshalb nur lauten: Wenn ihr krank seid, dann konzentriert euch auf eure Genesung. Sport ist in einer solchen Situation nicht nur dem Gesundungsprozess hinderlich, sondern kann weitergehende gefährliche Folgen haben. Auch nachdem ihr wieder völlig gesund seid, solltet ihr noch einige Zeit abwarten, bevor ihr wieder Sport treibt. In der von mir konsultierten Literatur werden dazu unterschiedliche Zeitangaben gemacht. Sie variieren zwischen zwei Tagen und zwei Wochen. Wer trotz Krankheit trainiert, der riskiert im schlimmsten Fall eine Herzmuskelentzündung!

Abschließend: Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und kann nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden – er darf einen Arztbesuch nicht ersetzen. Zugleich soll er nicht der Panikmache dienen. Es scheint uns jedoch, als ließe sich das beschriebene Risiko – auch wenn es recht klein sein mag – niemals rechtfertigen. Eine verpasste Trainingseinheit ist kein Weltuntergang. Zehn verpasste Trainingseinheiten sind es auch nicht. Eure Gesundheit ist wichtiger als jedes sportliche Ziel.

Quellen

  • http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19575161
  • http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8581570
  • http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11050534
  • http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/8581569
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1 Comment on "Training trotz Erkältung und Grippe: Unterschätzte Gefahr"

  1. Lukas | # | Antworten

    Wirklich gut, dass mal jemand auch solche Dinge ins Bewusstsein ruft!

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