Bodybuilding und Alkohol

Wer es mit dem Muskelaufbau ernst meint, der verzichtet besser auf das Bierchen nach dem Work-out oder durchzechte Party-Nächte am Wochenende. Denn Alkohol schadet dem Stoffwechsel, macht Fett und behindert das Muskelwachstum. Oder?

Bodybuilding und Alkohol

Die landläufige Meinung lautet: Ein Glas ab und an hat noch niemandem geschadet, gehört bei festlichen Anlässen dazu und ist sogar förderlich für die Gesundheit. Maßloser Konsum führt dagegen zu Abhängigkeit, Leberschäden und körperlichem Verfall. Doch welchen Einfluss hat Alkohol auf den Muskelaufbau und die Fettverbrennung?

Zunächst muss unterschieden werden zwischen krankhaftem Alkoholismus und moderatem Alkoholgenuss. Die meisten Studien zum Thema Alkohol befassen sich mit Alkoholikern, die Alkoholmengen in Höhe von 100 Gramm und mehr pro Tag konsumieren und daher zu großen Teilen an alkoholbedingter Muskelschwäche (sog. „Alkoholmyopathie“) leiden. Dies hängt auch damit zusammen, dass schwere Trinker wenig essen, der Alkoholkonsum also die Aufnahme von wichtigen Nährstoffen verdrängt hat. Aber wie wirkt sich der moderate Alkoholgenuss eines Gelegenheits-Trinkers auf den Trainingserfolg aus?

Macht Alkohol dick?

Alkohol (Ethanol) ist ein Makronährstoff, der pro Gramm sieben Kalorien ausmacht. Eiweiß und Kohlenhydrate besitzen vier, Fett neun. Kalorien kann der Körper verbrennen, also ist Alkohol ein Energielieferant, richtig? Falsch. Denn Alkohol ist kein essentieller Nährstoff, den der Körper als Treibstoff akzeptiert. Die enthaltenen Kalorien werden daher auch als „leere Kalorien“ bezeichnet. Du nimmst sie zu dir, aber sie können nicht verwertet werden.

Ein weiterer negativer Aspekt: Regelmäßiges Training kurbelt den Stoffwechsel dauerhaft an, sodass du Kalorien auch dann noch verbrennst, wenn du nur schläfst oder fernsiehst. Regelmäßiger Alkoholgenuss dagegen bremst den Stoffwechsel aus und führt langfristig zu Gewichtszunahme, denn dein Körper ist so sehr mit dem Alkoholabbau beschäftigt, dass er keine Zeit mehr für den Abbau von Fett hat. Schon weniger als zwei Bier (24 Gramm Alkohol) senken die Fettreduktion um 73 Prozent (Siler et al. 1999).

Zwar gibt es vereinzelt Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass Alkoholkonsum möglicherweise den Kalorienverbrauch anregt – was begrüßenswert scheint. Doch da, wie gerade geschrieben, gleichzeitig der Fettstoffwechsel verlangsamt wird, lassen sich daraus keinerlei positive Schlüsse ableiten. Wer Gewicht verlieren will, der sollte den Alkohol meiden.

Behindert Alkohol den Muskelaufbau?

Eine Studie hat belegt, dass zumindest die Trainingsleistung nicht signifikant leidet, wenn ein Sportler alkoholisiert ist (Poulsen et al. 2007). Dennoch ist es selbstverständlich keine gute Idee, alkoholisiert auf der Trainingsfläche zu erscheinen: Weil du weniger Kontrolle über deine Motorik hast, steigt die Verletzungsgefahr.

Doch wie steht es mit dem Konsum von Alkohol nach dem Training und an Tagen, an denen du nicht trainierst? Dazu muss ich etwas ausholen: Krafttraining allein sorgt nicht für große Muskeln. Im Gegenteil, es zerstört systematisch Muskelfasern, die von deinem Körper anschließend wieder repariert werden müssen. Die Fasern werden stärker, der Muskel wächst. Dieser Vorgang nennt sich Hypertrophie. Muskeln bestehen aus Eiweiß (Protein), die körpereigene Proteinsynthese ist daher der wichtigste Prozess für erfolgreiches Muskelwachstum. Schon ein einziges Bier senkt die Menge des synthetisierten Proteins allerdings um ganze 20 Prozent – und das für 24 Stunden (Hong-Brown et al. 2001)!

Alkohol dehydriert außerdem deinen Körper. Je konzentrierter dein Drink, desto mehr Wasser entzieht er dir. Beim Konsum von 40-prozentigen Spirituosen scheidest du zum Beispiel viermal so viel Flüssigkeit aus, wie du getrunken hast (Eggleton 1942). Und fehlt deinem Körper Flüssigkeit, können deine Muskeln nicht wachsen. Obendrein behindert Alkohol die Aufnahme wichtiger Nährstoffe.

Kein anderes körpereigenes Hormon ist so wichtig für den Muskelaufbau wie Testosteron. Bei regelmäßigem Training steigert es Kraft und fettfreie Muskelmasse. Jeder Sportler profitiert daher von einem möglichst hohen Testosteronspiegel. Regelmäßiger Alkoholkonsum lässt das Testosteronniveau allerdings sinken. Zumindest auf lange Sicht. Drei bis vier Drinks pro Tag senken den Testosteronspiegel um fast sieben Prozent – das ergab eine dreiwöchige Studie (Sierksma et al. 2004).

Was bedeutet das für dich?

In den meisten Ländern der Welt ist Alkohol omnipräsent. Er hat seine Schattenseiten, die klar benannt werden müssen: Zerbrochene Familien, Verkehrsunfälle, Gewalt. Ungefähr ein Drittel aller Gewaltverbrechen in Deutschland wird unter Alkoholeinfluss begangen (Polizeiliche Kriminalstatistik 2012).

Doch in unserer Gesellschaft erfüllt der Alkoholkonsum auch eine wichtige soziale Funktion. Es existiert eine jahrhundertealte Trinkkultur. Bei festlichen Anlässen wird oft reichlich getrunken – es existieren feste Regeln und Bräuche, zum Beispiel das Anstoßen mit Sekt an Silvester. Auch im Alltag ist das gemeinsame Trinken von Alkohol eine geregelte Aktivität.

Wenn du dich entscheidest, aufgrund deiner Bodybuilding-Ambitionen auf gemeinsame Formen des Alkoholkonsums zu verzichten (was dein gutes Recht ist!), dann musst du damit rechnen, dass diese Entscheidung als ein Regelverstoß wahrgenommen und entsprechend sanktioniert wird. Nicht jeder wird Verständnis für deinen Lebensentwurf aufbringen. Je nachdem, in welchen Kreisen du dich bewegst, können die möglichen negativen Reaktionen auf deinen Alkoholverzicht von abfälligen Kommentaren bis hin zu bewusster Ausgrenzung reichen.

Zugleich bringst du dich durch asketische Strenge möglicherweise um viele positive Lebenserfahrungen. Um diesen Punkt zu erläutern, möchte ich eine einfache Unterscheidung vornehmen: Es gibt Nahrungsmittel und Genussmittel. Nahrungsmittel konsumierst du aufgrund ihrer Nährwerte, Genussmittel wegen ihrer anregenden Wirkung oder wegen ihres angenehmen Geschmacks. (Damit Genussmittel nicht zu Suchtmitteln werden, musst du sie maßvoll genießen.) Wenn du Genussmittel ausnahmslos aus deinem Leben verbannst, verzichtest du auf eine wichtige Quelle geistigen Wohlbefindens. Diese Feststellung bezieht sich nicht nur auf Alkohol.

Es gibt keinen Grund, dich jedes Wochenende in deiner Wohnung einzusperren, während das Leben draußen an dir vorbeizieht. Ich kenne zu viele Bodybuilder, die diesen Fehler begehen. Mit Blick auf deine Ambitionen als Sportler solltest du deinen Alkoholkonsum jedoch auf ein Minimum beschränken. Die oben zitierten Studien zeigen klar: Alkohol schadet dem Muskelaufbau und erschwert die Fettverbrennung. Je weniger Alkohol, desto besser. Aber vergiss nicht, dass es auch ein Leben außerhalb des Sports gibt.

Quellen

  • http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2013/PKS2012.pdf?__blob=publicationFile (PDF)
  • http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11584159
  • http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15166654
  • http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1393383/
  • http://nature.berkeley.edu/hellerstein-lab/pdfs/Siler_AJCN_1999.pdf (PDF)
  • http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17717682
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Bild: © tankist276 – Fotolia.com / russavia – Wikimedia Commons

12 Comments on "Bodybuilding und Alkohol"

  1. Thomas | # | Antworten

    Perfekt geschrieben, Daumen Hoch!

  2. Rogoff | # | Antworten

    Wer doch mal in die Verlegenheit gerät: Während und nach der Sauferei viel Wasser trinken, um den Flüssigkeitshaushalt auszugleichen. Und versucht so gut es geht die Proteinzufuhr aufrecht zu erhalten.

  3. Benno | # | Antworten

    Gut formuliert !!! An erster Stelle sollte das Training/ Vorbereitung ,Ernährung ,genügend Schlaf ,die Familie ,die Arbeit und ein ausgeglichenes Selbst stehen, wenn dann mal mit Freunden ein Bierchen gezischt wird und es die Ausnahme bleibt ist alles okay!!!

    In diesem Sinne Sport Frei

    No Pain No Gain

  4. jipp | # | Antworten

    Ja das stimmt! Viel Wasser währenddessen und danach! Vorteilhaft ist es auch nicht zu viel Cola zu nehmen… Wenn ich denn mal trinke, dann mische ich mir Weißwein mit Wasser. Da brauche ich nicht mal ein Glas, um was zu merken.. Am Besten ist natürlich keinen Alkohol zu trinken 🙂 danke für den informativen Artikel!

  5. JohnR | # | Antworten

    Ein wirklich guter Kommentar zum Thema “Bodybuilding & Alkohol”.
    Besonders der letzte Absatz trifft es m.M.n. perfekt!

  6. Fanatic | # | Antworten

    Klasse Artikel, der mir in der Entscheidung ob und wie oft ich Alkohol trinke hilft und der in Erinnerung bleibt. Vielen Dank

  7. El Samu | # | Antworten

    Also schon gut geschrieben, besonders der letzte Absatz! Meiner Meinung nach aber ein bisschen übertrieben!

    Ich finde, wer hart und regelmäßig trainiert und sich normaler Weise gut ernährt (je nach Trainingsziel), kann auch ab und zu mal am Wochenende (oder auch unter der Woche je nach Arbeitszeiten) einen drauf machen. Man sollte halt nicht nur saufen, sondern wie oben schon geschrieben zwischendurch Wasser trinken (lasst mal das Eiweiß ein paar Stunden zu Hause Leute), vielleicht auch tanzen (verbrennt bei mir ähnlich viele Kalorien wie Joggen 😀 ) und besonders auf den “Anti-Kater-Döner” verzichten sondern lieber vorm Schlafen noch nen Liter Wasser mit Multi-Tablette und Zitronensaft trinken, dann klappts auch mit der Regeneration!

    Und nach ner amüsanten Nach hab ich immer noch viel mehr Bock, im Studio so richtig reinzuhauen 😉

    Ich habe außerdem den seltsame Gefühl, nach “harten Partynächten” ein bisschen Fettmasse verloren zu haben. Ich mag mich täuschen, aber merklich dicker bin ich danach auf jeden Fall nicht!

  8. Markus | # | Antworten

    „Aber vergiss nicht, dass es auch ein Leben außerhalb des Sports gibt.“

    Blasphemie!!! ^^

  9. NewGuy | # | Antworten

    Ich finde den Bericht sehr gut geschrieben und aufschluss reich. Mich würde aber sehr interessieren wie andere Drogen ob nun legale wie Coffein und Nikotin(ja ich weiß viele denken nun was der raucht?;nein tue ich nicht) aber auch illegale wie Cannabis oder MDMA das Training und den Muskelaufbau beeinflussen? Falls jemand da Quellen kennt. Bitte antworten;) MfG NG

  10. NWO | # | Antworten

    Cannabis beeinflusst nur bei regelmäßigem Konsum den Testosteronspiegel, und das auch nur geringfügig bzw. geringfügiger als bei Ethanol.
    MDMA hingegen wirkt aufgrund der Amphetamin-Komponente katabol. Gleichzeitig werden wichtige Neurotransmitter mittelfristig gestört, die direkten Einfluss auf Trainings- und damit Muskelaufbauqualität haben.

  11. meverick | # | Antworten

    Sehr guter Artikel, wissenschaftlich fundiert und reflektiert dargestellt

  12. Steinweg Martin | # | Antworten

    Sehr gut geschrieben ,ich denke aber mal mit denn richtigen Freunden wird man auch ohne regelmässigen Genussmittel Verbrauch akzeptiert, ganz im Gegenteil die sagen was wenn’s zuviel wird. Also ich wird’s tun!

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