Biologische Wertigkeit: So bewertest du die Qualität von Protein

Eiweiß ist als Muskelbaustein für jeden Sportler unverzichtbar. Deshalb muss es über die Nahrung in ausreichender Menge aufgenommen werden. Aber nicht nur auf die Quantität kommt es an, auch die Qualität spielt eine Rolle. Welche Nahrungsmittel dich mit besonders hochwertigem Eiweiß versorgen, kannst du an ihrer biologischen Wertigkeit ablesen.

Biologische Wertigkeit: Maßstab für die Qualität von Protein

Wenn du Muskeln aufbauen oder Körperfett reduzieren willst, ist eine ausreichende Versorgung mit Eiweiß einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. In unserem Artikel Wie viel Protein brauche ich pro Tag? haben wir dir gesagt, welche Verzehrsmenge du anpeilen solltest. Der wissenschaftlich fundierte Richtwert: Täglich 1,4-2 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Im Artikel findest du ein simples Tool, mit dem du deinen persönlichen Bedarf berechnen kannst.

Wie viel Protein brauche ich pro Tag?

Erfolgsfaktor Eiweiß: Wer Muskeln aufbauen will, der sollte mehr Protein zu sich nehmen als der Durchschnittsbürger. Wir sagen dir, wie viel genau.

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Aber nicht nur die absolute Menge des verzehrten Proteins ist entscheidend. Wichtig ist auch dessen Qualität. Der gängigste Maßstab für Proteinqualität ist die biologische Wertigkeit. Sie sagt aus, mit welcher Effizienz Nahrungsproteine in körpereigene Proteine umwandelt werden können.

Vollei hat eine biologische Wertigkeit von 100. Je höher der Wert ist, desto besser. Der Wert von Bohnen liegt zum Beispiel nur bei 49. Whey-Protein belegt mit einer biologischen Wertigkeit von 104 einen Spitzenplatz. Eine Liste mit ausgewählten Nahrungsmitteln und Nahrungsmittel-Kombinationen findest du weiter unten im Artikel.

Die Aminosäuren-Zusammensetzung entscheidet über die Qualität eines Eiweißes

Entscheidend für biologische Wertigkeit eines Nahrungsproteins ist die Aminosäuren-Zusammensetzung. Aminosäuren nennt man die unterschiedlichen Bausteine, aus denen ein Protein aufgebaut ist. Für deinen Körper ist nicht unbedingt die absolute Menge an Eiweiß entscheidend, die du zu dir nimmst. Wichtig ist viel mehr, dass ihm alle notwendigen Bausteine in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.

Es gibt acht Aminosäuren, die der Körper über die Nahrung aufnehmen muss. Sie tragen die Namen Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin. Ohne sie geht es nicht – sie sind essentiell. Man spricht deshalb von den essentiellen Aminosäuren.

Das Dilemma: Die unterschiedlichen Nahrungsproteine und dein körpereigenes Eiweiß sind nach unterschiedlichen Bauplänen zusammengesetzt. Die einzelnen Aminosäuren kommen in ihnen nicht gleich häufig vor. Wenn eine oder mehrere Aminosäuren nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, kann dein Körper aus dem Nahrungsprotein nur eine begrenzte Menge an körpereigenem Eiweiß herstellen.

Es gilt deshalb: Je mehr die Aminosäuren-Zusammensetzung eines Nahrungsproteins der Zusammensetzung des körpereigenen Eiweißes gleicht, desto besser kann es verwertet werden und desto höher wird seine biologische Wertigkeit ausfallen.

Tabelle: Die biologische Wertigkeit ausgewählter Nahrungsmittel

Die Methoden zur Ermittlung der biologischen Wertigkeit sind recht aufwendig. Unterschiedliche Vorgehensweisen haben außerdem dazu geführt, dass die Ergebnisse für einzelne Nahrungsmittel oftmals weit auseinandergehen. Man muss die konkreten Zahlen deshalb mit Vorsicht genießen. Sie ermöglichen zwar eine fundierte Abschätzung der Proteinqualität, aber leider keine völlig exakte Rangfolge.

In der nachfolgenden Tabelle findest du zahlreiche Nahrungsmittel, die im Bodybuilding populär sind. Wenn du nach etwas Speziellem suchst, kannst du das Suchfeld verwenden.

NahrungsmittelBiologische Wertigkeit
Whey-Protein104
Ei100
Thunfisch92
Milch91
Eiklar88
Schweinefleisch85
Joghurt83
Quinoa82
Soja81
Magerquark81
Rindfleisch80
Geflügel80
Käse78-85
Hering78
Casein77
Roggenmehl76
Lachs75
Kabeljau75
Lamm73
Mais72
Bohnen72
Kartoffeln71
Reis66
Haferflocken62
Linsen60
Erbsen56
Weizenmehl54
Karotten36
Gelatine25

Wie du siehst, bestehen zwischen den tierischen und pflanzlichen Eiweißlieferanten deutliche Unterschiede. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die vegetarische Ernährung zwangsläufig mit einer schlechteren Eiweißversorgung einhergehen muss. Durch gezielte Kombinationen pflanzlicher Lebensmittel können biologische Wertigkeiten erreicht werden, die den tierischen Eiweißquellen in nichts nachstehen. Mehr dazu im nächsten Kapitel.

Die Mischung macht’s! Sinnvolle Kombinationen von Nahrungsmitteln

Ein häufiges Missverständnis im Zusammenhang mit der biologischen Wertigkeit von Lebensmitteln muss an dieser Stelle dringend ausgeräumt werden: Anders als viele Sportler glauben, sind Produkte mit einer geringen biologischen Wertigkeit nicht automatisch schlecht. Viel mehr kommt es auf die Mischung an. Die folgende Liste listet die biologische Wertigkeit einiger Zutaten-Kombinationen auf. Die Kombination mit Vollei und Kartoffeln erreicht den Bestwert.

KombinationMischverhältnisBiologische Wertigkeit
Ei + Kartoffeln36:64136
Whey-Protein + Kartoffeln70:30134
Weizenmehl + Milch25:75125
Soja + Ei40:60124
Ei + Erbsen55:45120
Milch + Ei24:76119
Ei + Weizenmehl68:32118
Milch + Kartoffeln51:49114
Kartoffeln + Rindfleisch22:78114
Mais + Ei12:88114
Soja + Reis55:45111
Bohnen + Ei65:35108
Soja + Kartoffeln45:55103
Mais + Bohnen48:5299
Gelatine + Rindfleisch18:8298

Wie du siehst, erreichen sinnvolle Zutaten-Kombinationen wesentlich höhere Werte als einzeln verzehrte Lebensmittel. Geringe biologische Wertigkeiten können ausgeglichen werden, indem man unterschiedliche Zutaten gezielt kombiniert. Ein Beispiel aus der obigen Liste: Mais und Bohnen haben eine biologische Wertigkeit von 72. Ergänzt man diese beiden Zutaten jedoch zu ungefähr gleichen Teilen, dann erhält man eine biologische Wertigkeit von 99 für die gesamte Mahlzeit. Im Klartext: Dein Körper kann die Proteine von Mais und Bohnen, wenn sie zusammen gegessen werden, besser verwerten, als wenn du sie einzeln isst.

Lass dich deshalb nicht verunsichern, wenn dir jemand erzählt, dass ein Lebensmittel eine zu geringe biologische Wertigkeit aufweise, um als Proteinquelle in Frage zu kommen. Überleg dir lieber, wie man diese Zutat sinnvoll ergänzen könnte.

Dabei solltest du dir die Aminosäure-Zusammensetzung der einzelnen Lebensmittel ansehen. Auch hierzu ein Beispiel: Linsen sind nicht nur unter Veganern und Vegetariern eine beliebte Proteinquelle. Von den acht essentiellen Aminosäuren sind sechs in der Linse enthalten, aber Methionin und Cystein kommen nicht ausreichend vor. Ergibt sich daraus ein Problem? Nicht unbedingt! Indem du zu deinem Linsengericht ein Vollkornprodukt zu dir nimmst, kannst du das Defizit ausgleichen. Vollkorn- und andere Getreideprodukte enthalten die beiden fehlenden Aminosäuren nämlich in genügender Menge.

Wie wichtig ist die biologische Wertigkeit in der Praxis?

Die biologische Wertigkeit gibt über die Qualität eines Nahrungsproteins Auskunft. Du solltest versuchen, dein Protein vor allem aus hochqualitativen Proteinquellen (und hochwertigen Kombinationen) zu beziehen.

Es gibt jedoch keinerlei Grund, sich über dieses Thema unnötig den Kopf zu zerbrechen. Wenn du eine ausreichende Menge an Protein zu dir nimmst (unsere Empfehlung: täglich 1,4-2 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht) und über den Tag verteilt auf wechselnde Proteinquellen zurückgreifst, dann stehen dir alle essentiellen Aminosäuren in hinreichender Zahl zur Verfügung.

An zusätzlicher Bedeutung gewinnt die biologische Wertigkeit jedoch, wenn du tendenziell zu wenig Protein zu dir nimmst oder du auf sehr viele pflanzliche Proteinquellen zurückgreifst (z.B. als Veganer). Dann wird es umso sinnvoller, sich über die Aminosäuren-Zusammensetzung deiner Mahlzeiten Gedanken zu machen und sehr genau auf die biologische Wertigkeit einzelner Lebensmittel zu achten.

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5 Comments on "Biologische Wertigkeit: So bewertest du die Qualität von Protein"

  1. Äffchen | # | Antworten

    Danke für den Artikel!
    Die Kombinationen, bezieht sich das auf die Kombination der Nahrungsmittel an sich (z.B. 250g Weizenmehl und 750ml Milch), oder Kombination der Proteine (250g Weizeneiweiß und 750g Milcheiweiß)?

  2. Beantworter | # | Antworten

    Es bezieht sich auf das Verhältnis der Proteine, dies müsste im Artikel korrigiert werden.

  3. LongDongDodo | # | Antworten

    Wie ist das denn zB in Bezug auf Linsen.. Einerseits klar mit 27g bei bspw roten Linsen eine wohl sehr schöne Eiweisquelle. Andererseits laut Tabelle eine biologische Wertigkeit von 60 also fast die Hälfte eines Ei, wobei das Ei im Gegenzug bei der Hälfte an Eiweis liegt im Vergleich zu den Linsen pro 100g. Was lohnt sich jetzt mehr? Oder ist das egal weil es sich theoretisch eh aufhebt, da zwar die doppelte Menge Eiweis in Linsen enthalten ist jedoch die Wertigkeit bei knapp der Hälfte liegt?
    Ich denke im Allgemeinen geht es logischerweise um die Abwechslung der Eiweisquellen, aber dennoch anhand dieses Beispiels die Frage ob an lieber auf viel Eiweis oder auf die Wertigkeit schaut und ob sich das eine mit dem anderen relativiert
    LG

  4. mollos | # | Antworten

    mein ehemaliger trainer aus der DDR schwor auf seine ei/kartoffel Diät. hat sich wieder mal bewahrheitet.
    dank an ihm in gedanken. RIP

  5. Ruslan | # | Antworten

    Heißt das jetzt, dass z.B. wenn bei Erbsen ein Proteingehalt von z.B. 6g angegeben ist, ich nur ca. die Hälfte (56%) der angegebenen Proteine aufnehmen kann?

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